Region Weser-Elbe

Gewässersystem bei Steinau belastet

Aktive haben Messergebnisse aus einem Jahr Wasseruntersuchungen ausgewertet

Messstelle 4  (Gerhard Meissner)

Steinau/Otterdorf, 4. März 2021. Ein Jahr lang untersuchten Aktive von der BUND Kreisgruppe Cuxhaven im Rahmen des BUND-Projekts „Aktion Wasser – für lebendige Gewässer und sauberes Grundwasser“ regelmäßig vier Probestellen (s. Hintergrund unten) an Gewässern zwischen Steinau und Otterndorf auf Nährstoffe. Damit erhielten sie Datenreihen von den einzelnen chemisch-physikalischen Parametern, die die Belastungssituation an einem Standort erheblich besser darstellen als einzelne Momentaufnahmen. Als Fazit lässt sich nach einer fachlichen Beurteilung dieser Datenreihen durch die Umweltstation Iffens feststellen, dass das Gewässersystem seine Belastungsgrenze erreicht hat. Für seine „Aktion Wasser“ sucht der BUND in der Region Weser-Elbe weitere Aktive, die sich an Wasseruntersuchungen beteiligen möchten.

Aus den grafischen Darstellungen der Ergebnisse zu den einzelnen Parametern lässt sich einiges ablesen: Die Nitrat-Werte sind im Jahresverlauf an allen Probestellen kaum dramatisch und liegen nie höher als 30 mg/l. Stattdessen sind einige Nitrit-Werte als besorgniserregend einzustufen. Nitrit tritt als Zwischenprodukt bei der mikrobiellen Umwandlung von Ammonium (Nitrifikation) und Nitrat (Denitrifikation) auf. Sofern diese Reaktionen vollständig abgeschlossen sind, enthält Wasser kein Nitrit (<0,01 mg/l). Nach Einschätzung von Dr. Wolfgang Meiners von der Umweltstation Iffens liegen die vom BUND gemessenen Nitrit-Werte an allen Stellen die ganze Zeit weit darüber: „Sie sind ein Alarmzeichen.“ Nitrit ist problematisch, da bei der Reaktion mit Aminosäuren krebserzeugende Nitrosamine entstehen. Auch ist es giftig für Fische. Begünstigt werden die hohen Nitrit-Werte eventuell durch die niedrigen Sauerstoffgehalte in den Sommermonaten an allen vier Messstellen. Sie bewegten sich unter dem fischkritischen Wert von sechs mg/l. „Bei starker Sauerstoffzehrung infolge einer starken Belastung des Wassers mit Nährstoffen reduzieren Bakterien Nitrat zu Nitrit“, erklärt Meiners. Auffällig ist außerdem, dass die Leitfähigkeits-Werte an allen Standorten und über das ganze Untersuchungsjahr deutlich erhöht sind, stellen- und zeitweise auch die Phosphat-Werte. Dies könnte ein Hinweis auf die Verwendung von Mineraldünger sein. „Aus unserer Sicht zeugen die Messergebnisse des BUND Cuxhaven davon, dass die Biologie in den untersuchten Gewässern gestört ist“, analysiert der Chemiker. „Da bei der Wahl der Messpunkte die Fließrichtung des Wassers berücksichtigt wurde, sind die Ergebnisse durchaus aussagekräftig für das gesamte Gewässersystem. Und das scheint seine Belastungsgrenze erreicht zu haben.“ Seiner Ansicht nach droht das System umzukippen, sollten ihm noch größere Nährstofffrachten zugemutet werden. „Vielmehr müsste der Nährstoffeintrag in die Gewässer jetzt deutlich reduziert werden, damit sie wieder eine halbwegs intakte biologische Funktion übernehmen können.“ Der BUND setzt diesbezüglich auf die Umsetzung des „Niedersächsischen Wegs“, im Rahmen dessen gemeinsam mit allen Akteuren unter anderem auch die Situation der Gewässer verbessert werden soll.

Die Messergebnisse

Über das Sietland bei Steinau

Im Umfeld der oben genannten Messpunkte hat sich im Schutze der Deiche über Jahrhunderte eine Kulturlandschaft entwickelt, welche durch die Aktivitäten des wirtschaftenden Menschen geprägt ist. Vor dem Deichbau bildeten von der Flutwelle mitgeführte Sinkstoffe im Bereich des Küstensaumes die Kleiböden. Die tiefsten Stellen des Sietlands (Tiefland) hatten oft keinen normalen Abfluss, es entstanden verschlickte/vermoorte Zonen. Es setzte die Nieder- und Hochmoorbildung in den tiefer gelegenen Zonen ein. Torfmächtigkeiten von drei bis sechs Metern und mehr entstanden. Der Deichbau wurde intensiviert und mit dem Bau des 33 km langen Hadelner Kanal begann eine neue Epoche Siedlungs- und Landschaftsentwicklung. Die Wassermassen aus der Geest, der Randmoore und den Seen (z.B. Flögelner See) konnten über den Kanal in die Elbe abgeführt und vom Sietland ferngehalten werden. Es gab zwar eine Entlastung, aber die anmoorigen Böden des Sietlandes sackten zusätzlich infolge des Wasserentzuges. Im Hadelner Sietland wurden zwischen 1924 und 1933 auf diese Weise ca. 560 ha Wiesenflächen aus Moorsoden gewonnen. Nach dem zweiten Weltkrieg verlagerte sich die Rindermast zu gunsten der Milcherzeugung. Daraus ergab sich eine starke Intensivierung der Grünlandnutzung. Durch dichteren Viehbesatz, starke Düngung , einseitige Förderung von nitrophilen Pflanzen und den Eingriff in den Wasserhaushalt blieb die Artenvielfalt auf der Strecke. Durch Moorschutzprogramme werden Fehler der früheren Entwässerung und Kultivierungsmaßmahmen z.T. durch Wiedervernässung rückgängig gemacht wie z.B. im Ahlenmoor (Quelle:Die Marschen an der Unterelbe Gerd Völksen 1988).


Hintergrund

Messstelle 1  (Gerhard Meissner)

Am Samstag, 29. Juni 2019 trafen wir uns im Rahmen des BUND-Projekts "Aktion Wasser" in Butjadingen auf dem Hof der Umweltstation Iffens zu einem Seminar über Wasseranalyse mit 14 Teilnehmern. Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung der Anwesenden sind wir nach der Theorie gleich nach draußen mit dem nötigen Zubehör und Bollerwagen zum Sieltief gestartet. Alles über kurze Fußwege zu erreichen. Es erfolgte eine Einteilung in Gruppen. Dort haben wir dann unsere ersten Erfahrungen mit der Probenentnahme und der zugehörigen Ermittlung auf chemischer-, biologischer- und Fischbasis erhalten. Im Anschluss ging es zurück ins Labor, um mit dem erforderlichen Koffer die chemischen Fakten festzustellen. Mit den laminierten Blättern für die biologische Bestimmung der Pflanzen und diversen kleinen Tierchen, die sich im Wasserglas tummelten, konnten wir relativ schnell und sicher die Arten bestimmen und zählen (was manchmal nicht so einfach ist), sonst hat auch das Mikroskop geholfen, das hat man aber bei den in Situ stattfindenden Proben nicht mit. Mit dem Senknetz haben wir die gefangenen kleinen Fische in ein belüftetes Aquarium mit dem Sielwasser befüllt und konnten die einzelnen kleinen Fischarten bestimmen. Die Fische wurden danach wieder zum Siel zurück ins Wasser gebracht. Die Güte der Wasserproben beurteilten wir nicht nur nach chemisch-physikalischen Parametern, sondern auch nach dem Saprobiensystem (Weiterlesen bei Wikipedia).

Messstelle 2  (Hans-Jürgen Krohn)

Brigitte, Gerd und ich haben sich dann nach der Einsicht in die NLWKN-Daten (Wasserproben/-analysen auf Schadstoffe etc. in Brunnen und Gewässern) auf aktuell drei Untersuchungsstationen in Steinau und Otterndorf festgelegt, die aber nach Wunsch und Rücksprache in der Wassergruppe des BUND Cuxhaven jederzeit erweitert werden können. Die NLWKN-Messungen basieren auf dem Stand von 2018. Damit gibt es keine weiteren Messwerte, die öffentlich einzusehen sind. Wir sind somit in unserer Entscheidung der Entnahmestellen frei wählbar und es gibt keine Überschneidungen mit alten Messdaten vom Amt. Unsere Messstationen sind gut zugänglich/begehbar, um dort in Situ die Wasserproben auf chemischer-, biologischer- und auf Fischbasis zu nehmen und auch auswerten zu können. Wir starteten mit dem Projekt am Donnerstag den 5. September 2019, 10 Uhr.

Messstelle 3  (Hans-Jürgen Krohn)

Messstelle 1: Steinau, Süderwesterseite 38 bei Brigitte und Gerd „vor der Haustür“, hier handelt es sich um die Große Medemstader-Wettern, die mit seinem Verlauf in die Medem entwässert. Koordinaten: 53.6754287 N und 8.8591694 E

Messstelle 2: Zwischen Steinau und Odisheim, an der Landesstraße 144, befindet sich die „Gösche-Nord“, die in den Hadelner-Kanal, südlich von Steinau entwässert wird. Koordinaten: 53.6808675 N und 8.9104546 E

Messstelle 3: Das Schöpfwerk am Hadelner-Kanal, dieses Bauwerk liegt südlich von Steinau und wird vom Hauptvorfluter Steinau in den Hadelner-Kanal entwässert. Koordinaten: 53.7332486 N und 8.9611919 E.

Messstelle 4  (Gerhard Meissner)

Messstelle 4: Strassdeich Wettern Steinau am Wasserblock (Wasserscheide) an der Seite nach Ihlienworth, Norderende 40. Koordinaten : 53.69873 N und 8.89978 E. Die Probenentnahmestelle ist am 22.10.2019 hinzugekommen.

Messstelle 5 ist der Brunnen auf dem Grundstück von Brigitte und Gerhard. Dort nehmen wir Grundwasserproben.

Wir machen diese ehrenamtlichen Aktivitäten nicht um die „Bauern in der Landwirtschaft“ zu ärgern, sondern um zeitlich begrenzte Momentaufnahmen zu ermitteln. Dann kann gegebenenfalls auf der Basis der daraus gewonnenen Erkenntnissen nach Wegen gesucht werden, etwaige Missstände abzustellen oder zumindest zu minimieren. Wenn gewünscht, können wir in kurzen Informationen die fortlaufenden Ergebnisse der Beprobung weitergeben.

Weitere Messstellen seit Dezember 2019

Machen Sie mit!

Wir suchen noch dringend Helfer*innen, die uns bei dem Projekt unterstützen möchten. Insbesondere für die Untersuchung von Wasserproben an den o.g. Messstellen können wir Ihre/Eure Hilfe sehr gut brauchen. Alle Messergebnisse veröffentlichen wir umgehend in unserer Online-Datenbank. Wir sind gespannt wie sich die Langzeitmessungen entwickeln, damit dann auch die Werte in ein passendes Diagramm aussagefähig dargestellt werden.

Kontakt: Hans-Jürgen Krohn, Tel.: 04751 / 6287, Mobil: 0178 / 1323409, eMail

News-Blog

Hier berichten die Mitglieder der BUND-Wassergruppe Steinau/Wassergruppe in unregelmäßigen Abständen über ihre Aktivitäten. Weiterlesen

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Wir suchen noch dringend Helfer*innen, die uns bei dem Projekt unterstützen möchten.

Kontakt: Hans-Jürgen Krohn, Tel.: 04751 / 6287, Mobil: 0178 / 1323409, eMail