Region Weser-Elbe

Insektenschutz, selbst gemacht!

Ein Paradies für Insekten: Wildblumenwiese mit heimischen Arten.  (Klaus Kuttig)

Anlässlich des Insektensterbens gibt die BUND-Regionalgeschäftsstelle Weser-Elbe jetzt Tipps, wie Bürgerinnen und Bürger den Krabbeltieren im Garten und auf dem Balkon helfen können. Die Ursache für das Insektensterben liege zwar vorrangig in der intensiven Landwirtschaft mit einem hohen Pestizid- und Gülleeinsatz sowie im Verlust von Lebensräumen durch Monokulturen (wie Mais) sowie Verkehrs- und Bauvorhaben, so der Umweltverband. Jedoch ließe sich mit wenigen einfachen Maßnahmen im Garten und auf dem Balkon Lebensraum für Insekten schaffen.

„Bei längeren Autofahrten vor 30 oder 40 Jahren mussten wir während der Reise noch mehrmals die Windschutzscheibe wegen der vielen Insekten reinigen“, erinnert sich Bernd Quellmalz, BUND-Regionalgeschäftsführer Weser-Elbe in Bremerhaven. „Heute kann man 1.000 km fahren und behält trotzdem klare Sicht. Dies ist symptomatisch für das derzeit stattfindende Insektensterben.“ In Deutschland sind laut Artenschutzreport des Bundesamtes für Naturschutz bis zu 50 % aller Tier-, Pflanzen- und Pilzarten entweder auf der Vorwarnliste, extrem selten, im Bestand gefährdet oder sogar schon ausgestorben. Insbesondere der Bestand von Insekten habe sich seit 1982 stellenweise um bis zu 80 Prozent verringert, so die Bundesregierung. „Insekten sind enorm wichtig als Nahrung für andere Tiere und als Bestäuber von vielen Pflanzen. Insofern wird sich der Verlust an Insekten auf die gesamte Natur und mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf uns Menschen unmittelbar auswirken“, ist Quellmalz überzeugt. „Die gute Nachricht ist: Jede und jeder kann in seinem direkten Umfeld sofort etwas für die Insekten tun.“

Gemeiner Hornklee: Futterpflanze z.B. für die Mörtelbiene.  (Klaus Kuttig)

Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten lassen sich fördern, indem im Garten oder auf dem Balkon möglichst viele übers Jahr verteilt blühende Blumen-, Kräuter- oder Gemüsesorten angepflanzt werden. „Auf jeden Fall sollte man auf chemische Schädlingsbekämpfungsmittel verzichten“, betont der Biologe. „Außerdem muss ein Garten nicht immer hundertprozentig auf Ordnung getrimmt sein. Einen Zierrasen empfinden Insekten zum Beispiel als ´grüne Wüste´, eine artenreiche Blumenwiese hingegen als Paradies.“ Wer auf Dünger verzichtet und Wildblumen wachsen lasse, kann sich im Sommer über Hummeln, Schmetterlinge und Grashüpfer freuen. Zusätzlich sollten einheimische, standortangepasste Blühpflanzen ausgesät werden. Hierfür gibt es im Fachhandel Samenmischungen heimischer Sorten, die an die Bedürfnisse beispielsweise von Wildbienen angepasst sind. Pflanzen wie Ziest, Hornklee, Kornblumen, Blaukissen, Glockenblumenarten, Färberkamille, Hauhechel, Resede, Habichtskräuter oder Flockenblumen, aber auch Sonnenblumen, Thymian, Salbei, Lauch oder Zwiebeln gewährleisten Insekten nahezu ganzjährig eine Nahrungsgrundlage. Viele dieser Arten lassen sich auch auf Balkonen oder Fensterbänken aufziehen. Wichtig ist, dass Blumen bis nach der Blüte stehen bleiben, damit sie aussamen können. „Je später der erste Schnitt erfolgt, also etwa Ende Juni, umso besser säen sie sich aus“, gibt Quellmalz einen Tipp. Wildbienenarten besiedeln auch sogenannte Insektenhäuser oder andere künstliche Nisthilfen. Quellmalz: „Je vielfältiger das Angebot an Nistmöglichkeiten und Futterpflanzen ist, desto größer die Chance, dass sich verschiedene Insektenarten ansiedeln.“

Herzlich Willkommen!

In der Region Weser-Elbe engagiert sich der BUND dafür, überackerte, öffentliche Wegränder wieder naturnah entweder als Wildblumenwiesen oder als Hecken zu entwickeln. „Naturnahe Wegränder stellen in der stark landwirtschaftlich genutzten Landschaft einen letzten Rückzugsraum für Insekten und andere Tiere dar“, verdeutlicht Quellmalz. „Sie verbinden darüber hinaus Biotope und dienen der Ausbreitung von Tier- und Pflanzenarten.“ Wer Zeit und Lust hat mitzumachen, melde sich bitte unter der eMail bernd.quellmalz(at)nds.bund.net. Oder kommen Sie einfach im BUND-Büro in Bremerhaven, Borriesstraße 19 vorbei (Öffnungszeiten: dienstags ab 16 Uhr, kurzfristige Änderungen werden unter www.BUND-Unterweser.de bekannt gegeben.).


Nicht jede Blumenmischung geeignet!

Rote Mauerbiene  (Manfred Radtke)

“In den letzten Monaten propagieren immer mehr Landwirte und andere Personen Blühflächen als Mittel gegen das Insektensterben und als Maßnahme zur Förderung der Artenvielfalt. Der BUND möchte klarstellen, dass diese Aussagen unzutreffend sind.” So Manfred Radtke, Vorsitzender des BUND Rotenburg.

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass sich Menschen darum bemühen, unsere Landschaft bunter zu machen. Monotone Maisflächen beleben nicht gerade das Landschaftsbild. Das eingesetzte Saatgut wie z. B. die Verdener Imkermischung ist allerdings kein Mittel zur Förderung der biologischen Vielfalt. Diese Mischung ist, wie der Name schon sagt, auf Honigbienen zugeschnitten. Honigbienen sind aber keine Wildtiere mehr, sondern vom Menschen züchterisch veränderte Nutztiere. Von einer Gefährdung kann keine Rede sein. Es gibt erfreulicherweise immer mehr Imker, die sich um diese Tiere kümmern. Radtke: “Ganz anders sieht das bei vielen Insekten aus, speziell bei Wildbienen. Sie sind für die Bestäubung ungemein wichtig. Natürlich finden sich auf Blühflächen einige Allerwelts-Wildbienen wie Acker-, Garten- oder Steinhummeln ein. Den tatsächlich gefährdeten Wildbienen, das sind die allermeisten der in Niedersachsen vorkommenden 360 Arten, bringen die verwendeten Blühmischungen praktisch nichts.”

Der dramatische Rückgang an Insekten ist nur aufzuhalten, wenn die verschwundenen Lebensräume wie Hecken und blühenden Wegraine wieder hergestellt werden. Die dort vorkommenden Arten wie Rainfarn, Schafgarbe, Weg-Malve, Wilde Möhre usw. sind Nahrungsgrundlage unserer heimischen Insekten. So hat das Bundesumweltministerium im Aktionsplan 2019 vorgesehen, Insektenlebensräume und Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft zu fördern. Mit blühenden Wegrainen würde man gleichzeitig die gesetzlich vorgeschriebene Biotopvernetzung erreichen. Übrigens darf auf Flächen in der freien Landschaft ab März 2020 nur noch regionaltypisches Saatgut verwendet werden. Radtke: “Wildbienen sind standorttreu. Sie benötigen immer drei Dinge: Nahrungsangebot, Nistmöglichkeiten und Nistmaterial. Da ihr Flugradius nur wenige hundert Meter beträgt, machen Blühflächen, die zumeist jedes Jahr ihren Standort wechseln, schon aus diesem Grund keinen Sinn. Generell absurd ist es anzunehmen, mit einigen Kilogramm Saatgut von fremdländischen Arten aus dem Agrargroßhandel könne man etwas gegen das Insektensterben tun. Das ist naturschutzfachlicher Unsinn. Aktionismus und Scheinlösungen helfen der Natur nicht.”

Wer weitergehende Informationen haben möchte, kann sich gerne an den BUND Rotenburg wenden. Kontakt: bund.rotenburg@bund.net oder 04261/69 67.