Region Weser-Elbe

Bachaue am Rande der Großstadt

Uwe Peter (ganz hinten) erläutert den Teilnehmer:innen die Natur am Sieverner Bach.  (Gabriele Scheiter)

Sievern, 19. Juni 2021. Eine kleine Aue schlängelt sich nördlich des Sieverner Sees durchs Land – ganz unbemerkt von Gästen und Spaziergängern. Kein Wunder: Der Altarm des Sieverner Bachs mäandert durch ein Naturschutzgebiet. Betreten verboten. Eine kleine Gruppe Interessierter hatte jetzt dank einer Sondergenehmigung der Naturschutzbehörde dennoch die Möglichkeit, einen Blick in die wilde Landschaft zu werfen. Der BUND Unterweser hatte im Rahmen des Projekts „Aktion Wasser – für lebendige Gewässer und sauberes Grundwasser“  Bürgerinnen und Bürger zu einer Abenteuer-Führung entlang des Altarms eingeladen. Uwe Peter vom BUND Unterweser zeigte insbesondere den naturnahen Bachlauf und informierte über Fragen des Gewässerschutzes und der Bachrenaturierung.

Abenteuerlich war es fürwahr – schon der Abstieg zum Bach erforderte Trittsicherheit und Gleichgewichtssinn, um nicht gleich zu Beginn den Abhang hinunterzupurzeln. Über wackelige Steine führte der Weg direkt übers Bachbett hinein in die wilde Natur. „Ein fantastisches Stück Erde“, staunte eine Teilnehmerin und fügte hinzu: „Ich hätte nie gedacht, dass sich hier eine solche Schönheit verbirgt.“ Weiter ging es über Stock und Stein, über morsche Bretter und durch mannshoch gewachsene Gräser, immer wieder hält der Naturführer inne und gibt sein profundes Wissen weiter. „Genau genommen handelt es sich beim Altarm des Sieverner Bachs um ein Teilstück des Dorumer Moors“, so Uwe Peter. Immer wieder erläuterte er die vielen Arbeiten, die zur Entstehung des Natur-Kleinods beigetragen haben, erklärte das Wassermanagement im Altarm sowie die beständig notwendigen Maßnahmen zum Erhalt des Gewässers und der Aue. „Das Projekt Sieverner Bach wurde vor über 30 Jahren in Angriff genommen“, weiß Uwe Peter. „Mit der Flurbereinigung in den 60er und 70er Jahren gelang es durch die Begradigung und Tieferlegung der Bäche zwar, viel Land trocken zu legen und neues Wirtschaftsland zu gewinnen, doch durch den technischen Ausbau mit Bongossiverschalungen und Betonhalbschalen gestalteten sich die neuen Vorfluter lebensfeindlich und einer natürlichen Besiedelung mit Pflanzen und Tieren abträglich.“ Eine Arbeitsgruppe des BUND habe damals Pläne entworfen und umgesetzt für eine Renaturierung des alten Bachlaufes dort, wo er noch vorhanden und wieder herzustellen war. „In Projektwochen haben sich damals sogar Schüler des Gymnasiums Langen und Gruppen der Heine- und Büchnerschule an den Arbeiten beteiligt“, erinnert sich Uwe Peter. Auch durch die Naturschutzbehörde und die Gemeinde Langen habe man Unterstützung erfahren.

Weiter führte der Weg hinein in einen grünen Dschungel. Dunkel geäderte Blätter der Schwertlilien, rötliche Blütenrispen des Baldrians, fedrige Blätter des Wasserfenchels und immer wieder kleine Felder mit Teichrosen, die für die Sieverner Aue einmal typisch waren – es gab viel zu entdecken und zu bestaunen. Plötzlich erregt der charakteristische Schrei eines Kranichs die Aufmerksamkeit des Experten. Ein Blick durch den Feldstecher verrät den Grund für die Aufregung der Vogelfamilie. „Der Kranich hat uns entdeckt und will uns ablenken“, erklärt Uwe Peter. „Weiter hinten sehen wir den anderen Altvogel, der ein Jungtier führt. Offenbar kann das Küken noch nicht fliegen.“ Eine Weile beobachtet die Gruppe gebannt das Kranich-Baby, bevor sie ihren Weg fortsetzt. Fast schwingt Wehmut mit, als man die Aue schließlich verlässt: „Es war ein großartiges Erlebnis mit interessanten Einblicken in eine wunderschöne Natur“, ist man sich am Ende einig.

Gabriele Scheiter