Region Weser-Elbe

Offener Brief des AK Wesermarsch

AKW Esenshamm  (Bernd Quellmalz)

Rodenkirchen, 30. Mai 2023. Die globalen Klimaschutzmaßnahmen sind immer noch völlig unzureichend. Eine Folge hieraus wird der weitere Anstieg des globalen Meeresspiegels sein. Der weitere Anstieg des globalen Meeresspiegels wird somit Menschen, deren Wohnungen und Industrieanlagen wie das AKW und die Zwischenläger durch die Jahrtausend Sturmflut massiv gefährden.

Unsere Forderungen zum Deichschutz an den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), an die Forschungsstelle Küste und das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (NMU) und die Landesregierungen Bremen und Niedersachsen sind

  1. Für die beiden Unterbestickbereiche um das Atomkraftwerk Esenshamm ca. 440 m nördlich des AKW um ca. 1,1 m und südlich des AKW um ca. 0,45 m sind unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, wie z.B. ein Plangenehmigungsverfahren zu eröffnen mit dem Ziel der schnellstmöglichen Behebung dieser besonders gefährdenden Mängel.
  2. Das NMU wird aufgefordert umgehend eine Machbarkeitsstudie für die Anlage eines Ringdeiches um das AKW Esenshamm und der auf dem Gelände bestehenden 3 Zwischenlager herum an eine neutrale Stelle in Auftrag zu geben.
  3. Die Beschlüsse der Bundesländer Bremen und Niedersachsen zur Neufassung des Generalplans Küstenschutz sind schnellstmöglich umzusetzen. Die im Verfahren befindlichen Planungsmaßnahmen im jeweiligen Planfeststellungsverfahren wie z.B. der 1 m höhere Klimaschutzdeich zur weiteren Deicherhöhung sind umgehend jeweils zu beauftragen und umzusetzen(auch Leistungsphase 3).
  4. Verzicht auf eine erneute Weservertiefung. Die Landesregierungen Bremen und Niedersachsen sind aufgefordert ihr Einvernehmen zur Weservertiefung nicht zu erteilen.

im Auftrage

Anke Krein, Bremerhaven (0471/290898) und

Hans-Otto Meyer-Ott, Brake (04401/859115)


BUND-Studie: Hochradioaktiver Atommüll in Zwischenlager unzureichend sicher und gesichert

Umweltverband fordert von Behörden und Politik ein solides Sicherheitskonzept

 (pixabay.com)

Berlin / Hannover 20. Juni 2023. Alle deutschen Atomkraftwerke (AKW) sind abgeschaltet, doch der Atommüll bleibt als radioaktives Erbe über Jahrmillionen erhalten und gefährdet weiter Mensch und Natur. Eine aktuelle Studie im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigt, dass die Situation der 16 Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle immer noch teils hochproblematisch ist. 

Planung und Forschung der Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ) orientieren sich weiterhin an einem unrealistischen und veralteten Zeitplan beim Umgang mit Zwischenlagern. Es wird kein Endlager bis 2051 geben. Laut Entsorgungskommission (ESK) sind Zeiträume von bis zu 120 Jahren realistisch. Viele Zwischenlager müssen aus Sicht des BUND schnellstens nachgebessert werden. Es braucht ein solides, deutschlandweites Sicherheitskonzept. Das Bundesumweltministerium ist besonders gefordert, die Nachbesserungen zu veranlassen, es darf keinesfalls Genehmigungen auf der Grundlage alter Pläne einfach durchwinken. 

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Deutschland geht erschreckend unvorsichtig und konzeptionslos mit seinem Atommüll um. An allen 16 Standorten ist die Situation der Lagerung des strahlenden Mülls problematisch. Erst im nächsten Jahrhundert wird es ein Endlager für hochradioaktive Abfälle geben. Die Zwischenlager werden schleichend zu Langzeitlagern und sind dafür gar nicht ausgelegt. Deshalb dürfen die zuständige Gesellschaft BGZ und die politisch Verantwortlichen die Hände nicht länger in den Schoß legen und diese dramatische Entwicklung nicht weiter ignorieren. Bundesministerin Steffi Lemke muss das Thema zur Chefinnensache erklären. Alle weiteren Genehmigungen müssen an die geänderte Faktenlage angepasst werden. Bei der Sicherheit braucht es Nachbesserungen. Ein neues Zwischenlagerkonzept muss transparent und in einem breiten öffentlichen Prozess mit umfassenden Beteiligungsmöglichkeiten der Bevölkerung erarbeitet werden. Gleichzeitig darf das Zwischenlagerproblem kein Argument für eine Beschleunigung der Atommüll-Endlagersuche sein. Denn dann wäre die Suche zum Scheitern verurteilt.“

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zeigt, welches Gefahren- und Drohpotenzial durch Atomkraftwerke und Atomanlagen entsteht. Sie sind Druckmittel und mögliche militärische Ziele. Solche Szenarien müssen Eingang in ein Sicherheitskonzept für die langfristige Lagerung finden.

Oda Becker, Atomgutachterin und Studienautorin: „Zwei deutsche Zwischenlager besitzen seit Jahren aufgrund fehlender Sicherheitsnachweise keine gültigen Genehmigungen, sondern lagern die abgebrannten Brennelemente lediglich aufgrund aufsichtlicher Anordnungen. Es wäre fatal, aus diesen Fehlern nicht zu lernen und abzuwarten, bis eine derartige Situation an weiteren Standorten eintritt. Daher muss jetzt frühzeitig eine umfassende Überprüfung des gesamten Zwischenlagerkonzepts erfolgen.“ 

Situation in Niedersachsen belegt dringenden Handlungsbedarf

Susanne GerstnerLandesvorsitzende BUND-Niedersachsen fügt mit Blick auf die Situation in Niedersachsen an: „Niedersachsen hat einen traurigen Spitzenplatz, was gescheiterte Konzepte für Atommülllager betrifft. Zwar wurde der von vornherein ungeeignete Standort Gorleben bei der Endlagersuche endlich aufgegeben. Bis heute gibt es jedoch keine Lösung für die Castor-Behälter, die in einer oberirdischen Zwischenlager-Halle neben dem Erkundungsbergwerk aufbewahrt werden. Hinzu kommt ein havariertes Atommülllager in der Asse, das weiter abzusaufen droht. Wir erwarten, dass Politik aus diesen Skandalen lernt! Nach wie vor steht jedoch der Planfeststellungsbeschluss für ein Lager in Schacht Konrad im Raum. Bereits zum Zeitpunkt der Genehmigung entsprach Schacht Konrad nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik. Der BUND fordert das Land auf, das Atommüllprojekt endlich aufzugeben und den Weg für eine transparente und wissenschaftlich basierte Standortsuche frei zu machen. Der Antrag auf Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses muss endlich entschieden und die Baumaßnahmen gestoppt werden.“ 

Hintergrund / Kurzzusammenfassung Studie: 
BUND-Studie zeigt problematische Situation aller 16 Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland. Terrorschutz unzureichend, Reparatur- und Inspektionsmöglichkeiten fehlen, zwei Lager sind wegen fehlender Sicherheitsnachweise seit 10 Jahren ohne Genehmigung. Das Sicherheitskonzept muss an die verlängerte Lagerdauer angepasst werden, laut Entsorgungskommission können das bis zu 120 Jahre sein. Der BUND fordert die zuständige Gesellschaft BGZ und das Bundesumweltministerium zur Überprüfung und Nachbesserungen der konzeptionslosen Zwischenlagerung auf. 

Die Genehmigungen der Zwischenlager laufen zwischen 2034 und 2047 aus. Sechs Jahre vor Ende der Aufbewahrungsgenehmigung muss die zuständige BGZ den Verbleib der eingelagerten Brennelemente nachweisen. Für das Zwischenlager Gorleben ist das im Jahr 2028.
  
Mehr Informationen:

BUND-Studie: Aktuelle Probleme und Gefahren bei deutschen Zwischenlagern für hoch-radioaktive Abfälle finden Sie hier.


Rückbau AKW Unterweser: Mehr Strahlenschutz!

AKW Esenshamm  (Bernd Quellmalz)

Vor der zu erwartenden Genehmigung für den Rückbau des Atomkraftwerks (AKW) Unterweser betont die BUND-Regionalgeschäftsstelle Weser-Elbe, dass aus Umweltsicht noch einige Fragen offen wären. Zum einen sieht der BUND die Einlagerung von eigenen, aber vor allem von fremden radioaktiven Abfällen auf dem Gelände des AKW sehr kritisch. Denn weder das AKW noch das Zwischenlager seien vor Unfällen durch Flugzeuge, Terrorüberfällen und Hochwasser durch extreme Sturmfluten ausreichend geschützt. Darüber hinaus fehlt eine verbindliche Festlegung der Laufzeit für das Zwischenlager. Zum anderen sei der Verbleib insbesondere auch der schwach radioaktiven Abfälle, die innerhalb der Genzen der so genannten Freimessung (< 10 μSv) liegen, noch ungeklärt, so der Umweltverband. Er befürchtet die unkontrollierte, bundesweite Weiterverbreitung dieser Abfälle.

„Mit der so genannten Freimessung wird dieses Material wieder als Wertstoff erklärt, so dass es nicht nur auf Müll- oder Bauschuttdeponien gelagert, sondern auch wieder im Straßenbau oder gar im Haushalt verwendet werden darf“, warnt Bernd Quellmalz, BUND-Regionalgeschäftsführer Weser-Elbe. „Die Weiterverbreitung dieser Abfälle erfolgt anschließend also unkontrolliert. Dies ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel.“ Denn damit drohe eine zusätzliche gesundheitliche Belastung. Denn die Annahme, die geplante Freimessung und Freigabe radioaktiv belasteter Stoffe ab einem Wert von 10 μSv sei gesundheits- und umweltverträglich, ist wissenschaftlich nicht haltbar. „Es gibt keine untere Schwelle hinsichtlich der Gefährlichkeit ionisierender Strahlung“, so Quellmalz. „Wir sprechen uns daher strikt gegen die Freimessung und anschließende Freigabe radioaktiver Stoffe aus.“ Vielmehr müsse das Gebot der Strahlungsminimierung bei der Abwicklung der AKW unbedingt berücksichtigt werden. Der BUND fordert, Alternativen zum Rückbau des AKW Unterweser zu prüfen. Hierzu gehören der sichere Einschluss, der zeitweise Erhalt des Reaktorgebäudes, bis kurzlebige Radionuklide abgeklungen sind, oder der vollständige Rückbau mit Einlagerung gering strahlender Materialien in einem Bunker auf dem Gelände. Eine derartige Alternativenprüfung habe nach Kenntnis des BUND wohl nicht stattgefunden.

Sandgrube am Weißenberg in Hagen-Driftsethe: Wird hier zukünftig strahlender Bauschutt aus dem Rückbau des Atomkraftwerks Unterweser eingelagert?  (Bernd Quellmalz)

Während der Rückbau des AKW Unterweser auf seine Genehmigung wartet, plant aktuell ein privater Investor in Driftsethe in der Gemeinde Hagen im Bremischen, in einer ehemaligen Sandabbaustätte die Errichtung einer Bauschuttdeponie der Klasse I (niedriger Schadstoffgehalt), inklusive einer optionalen Erweiterung auf Deponieklasse II/III (höhere Schadstoffbelastungen). BUND-Mann Quellmalz befürchtet hier die Einlagerung des freigemessenen, aber immer noch strahlenden Bauschutts aus dem AKW Unterweser. Mit dem beschlossenen Atomausstieg 2011 ist die Entsorgungsfrage auch in Niedersachsen immer drängender geworden. Derzeit ist keine Deponie bereit, diese Abfälle anzunehmen. Niedersachsen änderte daraufhin sein Landesraumordnungsprogramms (LROP). Dieses geht nun von einem Deponiebedarf im Radius von 35 km rund um den Ort des Abfallaufkommens aus. Orte des Abfallaufkommens bzw. der Abfalllagerung werden dabei zwar nicht definiert, aber im Falle des Abfallaufkommens am AKW Unterweser kämen demnach die bestehenden Deponien Brake-Käseburg, Grauer Wall oder eben die geplante Deponie in Driftsethe in Frage. "Unstrittig ist der Bedarf an neuen Deponien in Niedersachsen. Daher fordern wir ein landesweites Konzept, in dem geeignete Deponiestandorte für die unterschiedlichen Schadstoffklassen festgelegt sind", so Quellmalz. „Absolut inakzeptabel ist aber die Einlagerung von freigemessenen Abfällen auf Bauschuttdeponien, denn strahlender Bauschutt darf ein AKW gar nicht erst verlassen.“ Dementsprechend gäbe es auch gar kein Bedarf und schon gar nicht ein öffentliches Interesse an einer neuen Bauschuttdeponie in Hagen-Driftsethe. „Der Antrag auf Errichtung einer Bauschuttdeponie in Hagen-Driftsethe muss daher durch die Genehmigungsbehörde unbedingt abgelehnt werden“, fordert der BUND-Regionalgeschäftsführer Weser-Elbe.  

Mehr dazu lesen Sie in der BUND-Position (Stand 19. Juli 2017)