Schwanewede, 4. April 2024. Die BUND-Ortsgruppe Schwanewede und der BUND Arbeitskreis Bremen-Nord erhoben 2022 und 2023 an der Schwaneweder Beeke Daten für das Citizen-Science-Projekt „FLOW“. Die Akiven untersuchten dabei im Juni 2023 zwei unterschiedliche Bachabschnitte: der bereits 2022 beprobte begradigte Abschnitt und der im Jahr 2020 renaturierte Bereich der Beeke.
„Für uns war es besonders interessant, mal den begradigten mit dem renaturierten Bereich zu vergleichen“, sagt Ulrich Schreier von der BUND Ortsgruppe Schwanewede. „Denn der renaturierte Bereich verläuft mäandrierend mit Gleithang und Uferbänken und verfügt mit seinem Kiesbett, großen Steinen, Totholz und verschiedenen Gewässerpflanzen über eine andere Substratzusammensetzung als der begradigte Abschnitt.“ Den Hobbyforscherinnen und -forschern stellte sich die Frage: Unterscheiden sich die beiden Abschnitte hinsichtlich der chemisch-physikalischen Wasserkomponenten? Wie verhält es sich mit der Anzahl der Arten des Makrozoobenthos (=lebende Organismen des Gewässerbodens)?
2022 beprobten die Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vom BUND die Schwaneweder Beeke an einem nicht renaturierten, begradigten Abschnitt am 23. April und am 18. Juni. Sie untersuchten die Gewässerstruktur, die Wasserchemie und das Makrozoobenthos. „Das Ergebnis war ernüchternd“, betont Schreier. „Dieser begradigte Bachabschnitt ist sehr strukturarm. Strukturen sind für Wasserlebewesen aber elementar wichtig.“ Besonders auffällig waren die Ergebnisse der Phosphat-Messungen: Im April lag der Wert noch bei 0,3 mg/l, was der Güteklasse 2 entspricht, im Juni aber bei 2,5 mg/l, was auf eine schlechte/übermäßige Belastung des Gewässers (Güteklasse 5) hindeutet. Dagegen lagen ph-Wert und die Messwerte für die Nährstoffe Nitrat, Nitrit und Ammonium innerhalb der Güteklassen 1 und 2. Am Gewässerboden fanden die Aktiven vor allem Bachflohkrebse und Mückenlarven, aber nur sehr wenige Libellen-, Steinfliegen-, Köcherfliegen- und Eintagsfliegenlarven. „Unsere Ergebnisse führten leider zu einer Einstufung des untersuchten Bachabschnitts in die Güteklasse 4, d.h. das Gewässer ist an dieser Stelle stark verändert und beeinträchtigt“, fasst der Naturschützer zusammen.
2023: am 3. Juni untersuchte der BUND denselben Abschnitt wie 2022 und eine Woche später zum Vergleich auch einen Abschnitt im renaturierten Teil der Schwaneweder Beeke. Schreier: „Die Ergebnisse am nicht renaturierten, begradigten Abschnitt waren mit den Ergebnissen vom Vorjahr vergleichbar bzw. nahezu identisch. Auch die Phosphatwerte befanden sich wieder im schlechten/übermäßig belasteten Bereich. Zwar fanden wir sehr viel mehr Tiere am Gewässerboden als ein Jahr zuvor, aber nur sehr wenige Arten mit höheren Ansprüchen an ihren Lebensraum. Letztlich blieb es bei der Einstufung in Güteklasse 4.“ Dagegen unterschieden sich davon die Ergebnisse im renaturierten Abschnitt der Schwaneweder Beeke deutlich: Der mäandrierende Bachlauf mit Totholz, größeren Steinen, kiesigem Untergrund und Flachwasserbereichen führte zur Einstufung in die Güteklasse 3, es fehlte aber noch die natürliche Vegetation. Die Ergebnisse bezüglich der Nährstoffe war identisch mit denen vom nicht renaturierten Abschnitt. Wieder waren die Phosphatwerte im roten Bereich (Güteklasse 5). „Das hat uns nicht überrascht, denn die Abschnitte liegen nicht weit von einander entfernt“, erklärt Schreier. „Auffällig war an dieser Stelle aber eine sehr hohe Anzahl an Köcherfliegenlarven. Damit konnten wir die Lebensgemeinschaft des Makrozoobenthos in Güteklasse 3 einstufen. Wir vermuten, dass die Köcherfliegenlarven von hier auch in den nicht-renaturierten Bereich verdriftet sind, was dort eventuell unsere Ergebnisse etwas ´geschönt´ hat.“ Insgesamt ist dieser Abschnitt in die Güteklasse 3 einzuordnen. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass sich die Renaturierung von Bächen für die Natur auf jeden Fall lohnen“, betont der BUND-Vertreter.
Die Ergebnisse beider Beeke-Abschnitte flossen in die Gesamtauswertung über den ökologischen Zustand der kleinen Fließgewässer in Deutschland ein. Der Hintergrund des Projekts ist, dass die Gewässer Deutschlands stark unter den Einträgen von Pestiziden und Düngemitteln, Begradigungen und der Zerstörung der Ufervegetation leiden. In Fließgewässern (v.a. am Gewässergrund) lebt eine große Anzahl verschiedener Tierarten, wie zum Beispiel Insektenlarven und Krebstiere. Ein paar dieser Arten werden als Zeigerarten bezeichnet, da sie besonders empfindlich gegenüber Veränderungen der Lebensraumstruktur, dem Sauerstoff- und Nährstoffgehalt und der Pestizidbelastung des Fließgewässers reagieren. Ihr Auftreten kann daher – zusammen mit den Ergebnissen der Gewässerstrukturgüte und der chemisch-physikalischen Wasserqualität - als Indikator für den ökologischen Zustand des Gewässers gewertet werden.
Weiterführende Infos
- Pressemitteilung des BUND Bundesverbandes "Kleine Bäche in Deutschland in schlechtem ökologischen Zustand" vom 14. März 2024
- Gefördert wird das BUND-Projekt „Mehr Natur an der Schwaneweder Beeke – renaturieren und davon lernen“ von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung, dem Landkreis Osterholz als Naturschutzbehörde, der Gemeinde Schwanewede und der Manfred Hermsen Stiftung. Kooperationspartner ist die Biologische Station Osterholz (BioS).
- FLOW ist ein Projekt des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ, Leipzig) und des BUND. Das FLOW-Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Eine begleitende Dissertation wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. Die wissenschaftliche Grundlage für das FLOW-Projekt ist das nationale Kleingewässermonitoring (KgM) des UFZ Leipzig, welches Vergleichsdaten für die FLOW-Beprobungen liefert.
Kontakt:
Ulrich Schreier, BUND-Ortsgruppe Schwanewede, Tel.: 0172 / 1897477